DAS BESTE VOM BESTEN – Mein Senf zum Fleisch

Diese Woche lud MERKUR zur Präsentation einer neuen, hochwertigen Fleisch-Eigenmarke, wobei es sich eigentlich um eine Pressekonferenz handelte, zu der auch einige Food Blogger eingeladen waren. Sowohl als Fleisch-Aficionado als auch als treuer MERKUR-Kunde war ich gespannt und erwartungsvoll. Die ambitionierte REWE-Nachhaltigkeitskampagne im vergangenen September noch im Hinterkopf, war der Gedanke an eine eventuelle Ausweitung des Bio-Sortiments gar nicht so abwegig.

Am 14.10. wurde das Geheimnis dann in der Merkur-Schauküche gelüftet.: ”DAS BESTE VOM BESTEN” heißt die neue Premium-Fleischmarke bei MERKUR, die ausgewählte Teile von Schwein und Kalbin schön portioniert und vakuumverpackt in die Märkte bringt. Mein erster Gedanke: “Wie jetzt, das Beste vom Besten?!” Von Bio-Qualität war nichts zu lesen. Der Markenname ist daher für mich völlig absurd und macht das neue Aushängeschild zum potemkinschen Dorf. Das finde ich sehr bedauerlich bei einem mir eigentlich ausgesprochen sympathischen Unternehmen.

Die Macht der Worte

Wenn nun eine Reihe von nicht biologisch hergestellten Fleischprodukten als “DAS BESTE VOM BESTEN” präsentiert werden, stellt sich für den Konsument doch zwangsläufig die Frage “Was ist dann Bio-Fleisch? Ist Bio kein Maßstab für Qualität? Warum soll ich überhaupt noch Bio kaufen, wenn es noch dazu teurer ist als “DAS BESTE VOM BESTEN”? Preislich liegt Ja!Natürlich nämlich trotzdem noch über DBVB. Die Bio-Branche kämpft ohnehin mit dem Vorwurf, den Konsumenten bloß noch mehr Geld aus der Tasche ziehen zu wollen.

Nach tollen Pionierprojekten ein trauriger Rückschritt

Ich bin wirklich die letzte, die ins unreflektierte Großkonzerne-Bashing einstimmt. Der Mut, mit dem REWE richtungsweisende Pionierprojekte wie “Wunderlinge” oder “Moosdorfer Haushuhn & Gockel” umsetzt, sucht in der Branche seinesgleichen, hat mich beeindruckt und hoffnungsvoll gestimmt, dass der große Konzern seine Verantwortung gegenüber der Umwelt und Gesellschaft erkennt und wahrnimmt. Nach wie vor bin ich großer Fan der Bio-Eigenmarke Ja!Natürlich und werde diese auch weiterhin kaufen – wohl wissend, dass es sich um den selben Konzern handelt. Ich weiß, dass bei Ja!Natürlich tolle Leute zusammenarbeiten, die mit Leidenschaft dahinter sind, den Lebensmittelhandel nachhaltig zu verbessern – zumindest ist das mein seit Jahren stärker werdender Eindruck als neugierige Außenstehende. (Trotz Lobhudelei bin ich nämlich mit niemandem dort verwandt o.ä. und werde auch nicht dafür bezahlt/belohnt) Warum geht REWE nun das Risiko ein, mit der neuen Marke DBVB diese Bemühungen zu torpedieren?

 

Gerade bei Fleisch gibt es keine Alternative zu Bio

Umso größer ist nun die Enttäuschung über diesen Rückschritt von REWE. Ich kann zwar von mir selbst nicht behaupten, ausschließlich von Bio-Lebensmitteln zu leben und kaufe und schätze auch konventionelle Produkte, von deren Qualität ich überzeugt bin. Aber bei Fleisch gibt es einfach keinen Kompromiss, es sei denn, ich kenne den Bauernhof so gut, dass ich weiß, dass dort Bio-Kriterien erfüllt sind, der Betrieb aber auf ein Zertifikat verzichtet. Beim Supermarkteinkauf ist bio allerdings das Mindeste. Das ist nicht radikal, das ist das Mindestmaß an Wertschätzung, das ich einem Tier, das einzig und allein für meine Mahlzeit gezüchtet und geschlachtet wird, entgegenbringen kann. Gerade weil ich gerne Fleisch esse und auf diesen Genuss nicht verzichten möchte, kommen für mich nur Produkte in Frage, von denen ich weiß, dass Tiere, die dafür gezüchtet und geschlachtet wurden, ein gutes Leben mit ausreichend Platz und hochwertigen Futtermitteln hatten. Was den Unterschied macht? Ein paar Beispiele hier und hier.

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Wie Rinder leben sollen – diese hier besuchte ich auf der Juhu-Ranch in Obertrum

Ich gehe übrigens davon aus, dass die Futtermittel, die bei DBVB-Tieren eingesetzt werden von vergleichsweise hoher Qualität sind, das Soja für die Schweine kommt etwa ausschließlich aus dem Donauraum und ist 100% gentechnikfrei. Es geht mir nicht darum, ob Bio-Fleisch gesünder ist oder nicht – zumindest nicht primär. In Österreich ist hier der Unterschied, denke ich, gar nicht so groß.

Ich zweifle auch nicht an der Qualität der Verarbeitung: Bei DBVB werden Schnittechniken aus der Spitzengastronomie angewandt, auch die Frische ist dank moderner Verpackungstechnologie bestimmt top. Das alles nützt aber gar nichts, wenn das Grundprodukt nicht stimmt.

Also REWE, wenn ihr die neue Marke auf Bio-Niveau – also wirklich Premium – anbietet, damit sie dem Namen “Das Beste vom Besten” gerecht wird – nehmt mein Geld!

Die “Ich-würds-mir-ja-gern-leisten-können-Ausrede”

Wer Fleisch am Teller haben will, hat gefälligst auch dafür zu sorgen, dass es nachhaltig und unter vertretbaren Umständen hergestellt wird. Eigentlich ganz einfach. Die Ausrede, dass sich das nicht alle leisten können, akzeptiere ich von niemandem, der ein Smartphone in der Tasche trägt oder genug Geld für ein eigenes Auto hat. Uns steht eine so breite Vielfalt an schmackhaften fleischlosen Lebensmitteln zur Verfügung, dass es easy möglich ist, ab und zu köstlich vegetarisch zu essen und dafür hochwertige Ware für den Fleischgenuss zu kaufen. Davon abgesehen zählt gerade Merkur-Kundschaft ohnehin zur kaufkräftigeren, von der man dieses Qualitätsbewusstsein durchaus einfordern kann.

Nun ist mir schon klar dass es “ja eh schon eine Bio-Eigenmarke gibt” und mehrere Marketingexperten hier viel Zeit investiert haben. Auch, dass REWE sich bei diesem Markenlaunch an handfesten Marktforschungsergebnissen orientiert. Hier fehlt es offensichtlich an Bewusstsein beim durchschnittlichen österreichischen Konsumenten, der zwar regionale Herkunft, (noch) nicht aber Bio-Qualität als kaufentscheidend erachtet. Umso mehr sehe ich die Anbieterseite in der Pflicht, einen Schritt vor dem Konsumenten zu agieren, aufzuklären und das Bewusstsein zu schärfen. Die Kaufkraft ist – gerade bei Merkur-Kunden- bestimmt da.

Ich hätte mir gewünscht, dass man sich etwas genauer überlegt, welche Schlüsse die Kunden daraus ziehen, wenn “DAS BESTE VOM BESTEN” kein Bio-Fleisch ist. Also liebe REWE, bitte bringt wieder erfreulichere Neuigkeiten auf den Markt, ihr wisst doch wie’s geht!?

Premium kann nur Bio sein. Und wer Premium-Qualität will, hat gefälligst einen angemessenen Preis zu bezahlen. Das gilt für Unternehmen ebenso wie für den Endverbraucher.

EDIT: seit April 2017 arbeite ich hauptberuflich für Ja! Natürlich

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