Wozu verwende ich Miso? Fermentierte Bohnenpaste 1/3

Wozu verwende ich Miso? Fermentierte Bohnenpaste 1/3

Die meisten kennen Miso, oder zumindest Misosuppe. Die wenigsten verwenden sie zuhause. Ich liebe fermentierte Bohnenpaste und kann nur empfehlen, die würzige Paste öfter einzusetzen. Es ist schnell und unkompliziert, der Effekt enorm! Dies ist der erste von drei Beiträgen, die sich um fermentierte Bohnenpaste drehen, weil ich das Gefühl habe, dass sie hierzulande noch nicht genug Anerkennung bekommen und vielen Freude machen würden. Gesponsert ist davon nix, falls sich wer fragt.

“Iss nichts, was deine Großmutter nicht als Lebensmittel erkennen würde” hört man immer öfter aus aufgeklärten Foodie-Kreisen, von Menschen, denen ich sonst häufig beipflichte. In diesem Punkt nicht. Denn neben den vielen grauslichen Industrie-“Lebensmitteln” und Zusätzen, hat uns die Moderne auch einiges gebracht, was Prä-Globalisierungs-Generationen nicht kannten. Traditionelle asiatische Lebensmittel etwa. Und für die bin ich sehr dankbar! Außer kulinarisch wertvoll sind viele davon auch noch gesund. Wie so oft gibt’s auch bei Miso große Qualitätsunterschiede, wählerisch zu sein ist ein Muss!

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Diese 400g-Packung Bio-Hatcho Miso kostet ca. 7-8 EUR und ist sehr, sehr ergiebig, damit komme ich lange aus.

Die Paste besteht aus fermentierten Sojabohnen, manchmal gemischt mit Getreide. Und mehr als Sojabohnen (+ ggf. Getreide), Salz und “Koji” – so heißt das natürliche Ferment – ist gar nicht drin. Außer Zeit, viel Zeit in Holzfässern. Das ist ein Grund, warum mich Miso fasziniert: diese extreme Würzigkeit, die nur durch natürliche Zutaten & Zeit entsteht, aus rein pflanzlichen Zutaten. Vor allem für vegetarische/vegane Gerichte nutze ich diese spannende Würze gern.

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Miso ist ein essentieller Teil der japanischen Esskultur

Modern bei uns, uralt in Asien

Bei uns ist Miso ja eher in der modernen Küche eingeordnet, da sie erst mit der asiatischen Küche zu uns gekommen ist. Tatsächlich ist Miso aber ein uraltes, traditionelles Lebensmittel aus dem fernen Osten (Tofu auch übrigens). In Japan ist Miso sehr verbreitet, der Ursprung liegt aber in China. Die Paste wird durch einen langwierigen Fermentationsprozess (ca. 2 Jahre, je nach Sorte) hergestellt. Viele natürliche Mikroorganismen “arbeiten” in der Paste und machen sie zu einem einzigartigen Produkt, dem auch ein enormer gesundheitlicher Wert nachgesagt wird. Mir geht es hier vor allem um das Geschmackswunder, das Miso mit sich bringt. Deshalb – finde ich – hat Miso auch hier bei uns in Österreich seinen Platz verdient.

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So unspektakulär sieht sie aus, die fermentierte Bohnenpaste (hier Hatcho). Sie hat es in sich, – und wie!

Miso ist nicht gleich Miso

Es gibt zahlreiche Varianten, die Farbe oder Konsistenz allein sagt noch nicht unbedingt etwas über die Qualität aus. Zum einen gibt es Miso aus unterschiedlichen Getreidearten. In Japan gibt es zahlreiche Varianten aus unterschiedlichen Regionen, hier nur ein paar der bekanntesten, die man auch bei uns bekommt.

  • Mame-Miso, Hatcho Miso = nur aus Soja
  • Kome-Miso, Shiro Miso = Soja + Reis
  • Mugi-Miso = Soja + Gerste: Das dunkelste Miso mit sehr intensivem Geschmack und strengem Geruch
  • Genmai-Miso = aus Naturreis, wurde erst später entwickelt, traditionelles Shiro Miso wird aus geschältem Reis gemacht
  • Natto heißt eine Art Miso, bei der die Bohnen noch ganz sind
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Eins meiner absoluten Lieblingsmisos: Shiro ist eher mild-süßlich, fast ein bisschen karamellartig

Zweitens gibt es unterschiedliche Geschmacksintensitätsstufen, die man auch an ihrer Farbe unterscheiden kann. Die Farbe richtet sich sowohl nach der Fermentationszeit als auch nach den Ausgangszutaten. Auch im Salzgehalt unterscheiden sich verschiedene Produkte.

  • Shiro-Miso: “weiße Miso”, kurze Fermentationszeit, helle Paste, geschmacklich die mildeste Variante, leicht süßlich, fast sahnig, meist aus geschältem Reis und weniger Soja
  • Shinshu Miso = “gelbe Miso” immer noch mild, hell, süßlich aber ein bisschen dunkler als Shiro
  • Aka Miso = rotbraune Miso, in der Mitte zwischen Hatcho und Shiro
  • Hatcho-Miso = längere Fermentationszeit (2-3 Jahre), dunkler, stärkerer Geschmack

Es gibt auch Mischungen, z.B.

  • Awase Miso = Mischung aus Mugi-, Genmai- und Shiro Miso
Sesamkörner ergänzen eine Misomarinade perfekt
Sesamkörner ergänzen eine Misomarinade perfekt

Wofür?

Generell verwendet man Miso sehr sparsam, da es wirklich intensiv schmeckt, also probiert lieber mal wenig aus und würzt bei Bedarf nach. Besonders mit Salz sollte man dann vorsichtig sein, da die hochkonzentrierte Paste auch sehr salzig ist.

  • Suppen & Saucen: Im Gegensatz zu Suppenpulver , Maggi oder Suppenwürfeln handelt es sich bei (gutem) Miso um ein erstklassiges Naturprodukt. Es ist also quasi ein natürliches Convenienceprodukt, mit dem man schnell und unkompliziert tollen Geschmack erzeugen kann, ohne selbst eine Brühe ansetzen zu müssen oder gar auf künstliche Geschmacksverstärker zurückzugreifen.
  • Wok & Gemüsegerichte: Wann immer ich das Gefühl habe “das könnte noch das gewisse Etwas vertragen” verwende ich je nach Gerichttyp gerne Tomatenmark oder eben Miso. Probiert es unbedingt aus, der Geschmack ist wirklich was besonderes und bringt Abwechslung in Eure Gerichte.
  • Vegetarisches – Gemüse aller Art kann mit Miso super mariniert werden. Gerne streue ich auch ein bisschen Sesam in die Marinade.
  • Salatdressing: Für asiatisch angehauchte Salate, egal ob Gurke, Blattsalat, Sojasprossen oder sonstwas, mische ich Miso mit Reisessig (heller Weißweinessig geht auch), Zitronensaft und Sesamöl (wer das nicht mag nimmt neutrales Pflanzenöl. Dafür empfehle ich eine eher helle Misopaste, z.B. Shiro Miso, sie ist milder und süßlich. Sesamsamen passen auch hier super.
  • Fleischmarinaden, besonders Gegrilltes
  • Dips und Aufstriche
Salate mit Misomarinade überraschen Gäste
Salate mit Misomarinade überraschen Gäste

In Wirklichkeit passt Miso in alle möglichen Gerichte, die herzhafte Würze vertragen. Probiert’s aus!

WICHTIG: Miso nie mitkochen, sondern bei warmer Verwendung in warmen Flüssigkeiten (z.B. in der Suppe oder Sauce) auflösen. Bei Gerichten ohne Flüssigkeit, z.B. Wokgerichten, ist es besser, ein Dressing anzurühren, damit sich das Miso gut verteilt.

Wo kaufe ich gute Miso?

Bei Miso bevorzuge ich europäische Anbieter, weil viele mittlerweile eine gute Auswahl traditioneller Misos mit verlässlicher Qualität bieten. Die bekommt man in Wien z.B. bei maran vegan und denn’s sowie in anderen Bio-Läden und Reformhäusern. Miso ist mittlerweile bekannt genug, dass man mit etwas Suchen sogar Bioprodukte aus Österreich findet, z.B. von Naturgarten, was mir bei Sojabohnen grundsätzlich ein Anliegen ist. Deren Reis-Miso mag ich sehr. Auch die unterschiedlichen Misos von Ruschin habe ich oft zuhause, weil bei dieser Marke auf die Zutaten Verlass ist (manche bio, alle GMO-frei). Wenn es schon kein Bioprodukt ist, sollte man unbedingt auf “GMO-free”, “non-GMO” oder “mutenka” (=ohne Zusätze). Miso ist nicht billig, aber man kommt sehr lang damit aus. Im Kühlschrank, idealerweise  in einem Schraubglas hält es sich wunderbar. Mit Naturgarten und Ruschin war ich bisher immer zufrieden, schlecht geworden ist mir trotz monatelanger Lagerung noch nie ein Produkt.

Wichtig: nur mit sauberem Besteck entnehmen. 

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Pilze vertragen sich auch sehr gut mit Miso

WOVON ICH LIEBER DIE FINGER LASSE

Mir ist bei Miso sehr wichtig, dass es traditionell und natürlich hergestellt wird.Da die Misoproduktion nun mal ein zeitaufwändiges Handwerk ist, hat die Industrie auch hier Wege gefunden, die Produktion zu beschleunigen. Vergesst Misoprodukte mit Zusatzstoffen oder Konservierungsmitteln – viele davon findet man leider auch in Asia-Läden. Traditionell hergestelltes, natürlich gereiftes Miso verzichtet auf diese Zusätze, es ist gewöhnlich dunkler und hat einen deutlich besseren und feineren Geschmack. In Asia-Läden ist es nicht immer leicht, die Etiketten zu lesen, aber oft sind die Produkte mit Klebeetiketten mit deutschen Übersetzungen der Inhaltsstoffe versehen. Vegetarier sollten bei Mischungen und vor allem bei Instant-Miso-Suppen beachten, dass diese bereits oft Bonito-Flocken enthalten. Instant-Miso-Suppen sind meiner Ansicht nach sowieso entbehrlich.

WAS IST DAS FERMENT?

Koji, eine Art Schimmelpilz spielt eine große Rolle in der japanischen Küche und wird auch für die Produktion von Sojasauce, Sake und Soju eingesetzt. Koji sorgt für den herzhaften Umami-Geschmack, den wir so lieben und der zur Beliebtheit vieler industriell hergestellter Lebensmittel beiträgt. Nur schafft Miso Umami-Erlebnisse auf ganz natürlicher Basis, im Gegensatz zu künstlichen Geschmacksverstärkern. Danke, Koji! Starköche setzen Koji mittlerweile auch auf andere Weise in ihren Küchen ein, ein extrem spannendes Zeug, wie ich finde. In Asien hat das Fermentieren noch bedeutendere Tradition als bei uns. Heimische Beispiele wären bei etwa Sauerkraut und Kefir – ich mag das alles sehr. Ich hatte immer schon ein Faible für fermentierte Speisen, darum freu ich mich, dass sie eine Art Revival erleben. Neben traditionellen Lebensmitteln hat die Fermentation in letzter Zeit in der Haubenküche Einzug gehalten, was neue, spannende Kreationen brachte.

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Auch Entenbrust verfeinert Miso

Regionalität hin oder her

Manche exotische Zutaten, die uns durch die Globalisierung in den letzten Jahren erreicht haben, sind einfach zu spannend um sie zu verschmähen. Bei Miso ist das auch gar nicht notwendig, denn es ist ein tolles Naturprodukt. Nichts spricht dagegen, alles dafür. Verwendet ihr Miso? Wenn ja wie? Lasst es mich wissen, bin gespannt, ob es noch mehr Bohnenpasten-Fans wie mich gibt!

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